Crystal-Mett – Der Supermarkt ist dein Dealer
Ist es zu provokant, einen Lebensmittel-Einzelhändler (vulgo Supermarkt) mit einem Drogen-Dealer zu vergleichen? Mache ich hier einfach nur Klickbiting, oder geht es um was anderes? Denn bei Dealer denken wir an Drogen, Fixer und düstere Ecken an Bahnhöfen. Und Drogen machen vor allem eines: abhängig. Und in der Regel sind sie illegal. Ihr Verkauf wird durch mafiöse Strukturen organisiert und gesteuert, der Erzeuger sitzt meist im Ausland und produziert aus wirtschaftlicher Not. Die Folgen des Drogenkonsums sind drastisch: Er zerstört soziale Strukturen und die Gesundheit.
Und der Supermarkt? Ein Handlanger dieser Mafia? Möglicherweise sogar staatlich sanktioniert? Das sind die Drogen, die ganz legal zu haben sind: Alkohol, Zigaretten und Fleisch.
Im Supermarkt, bei Dir um die Ecke!
(Illegale) Drogen und der volkswirtschaftliche Schaden
Dadurch, dass Drogen abhängig machen, führen sie häufig in die sogenannte Beschaffungskriminalität. Aber das ist ja nur vordergründig. Auch legale Drogen führen zu sozialen Schäden: Abhängigkeit, verringerter Arbeitsfähigkeit, gesundheitlichen Schäden und sozialer Dysfunktion. Nur wenig davon ist bisher statistisch abgebildet und konzentriert sich überwiegend auf die „gängigen“ Suchtmittel wie Alkohol, Party/Drogen, Tabak, Medikamente, Computer- und Glücksspiele (1-3). In einem Bericht von statista kann man das nachlesen: „Rund 28 Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben bereits Erfahrungen mit illegalen Drogen gesammelt. In der ambulanten als auch in der stationären Suchtbehandlung stellen Patienten mit Störungen aufgrund des Konsums von Alkohol, Opioiden und Cannabis die drei größten Hauptdiagnosegruppen. Störungen aufgrund von Alkoholkonsum sind dabei die häufigste Hauptdiagnose (ambulant: 43%, stationär: 70%), gefolgt von Cannabis (ambulant: 14%, stationär: 9%) und von Opioiden (ambulant: 18%, stationär: 6%).“ (4).
Mehr Infografiken finden Sie bei StatistaFleisch und Wurst finden sich in diesen Aufstellungen nicht. Wieso mache ich dann also diesen gedanklichen Exkurs, etwas, was die meisten Deutschen als „lecker“ bezeichnen, ins Drogenmillieu zu rücken?
Fleisch und die Folgen für die Gesundheit
In den wenigsten Fällen kann man EINE Ursache klar EINER gesundheitlichen Folge zuordnen. Das gilt besonders für Lebensmittel. Während also bei Alkoholmißbrauch eine Fettleber oder beim Rauchen Lungenkrebs relativ eindeutige Folgen des Konsums sind, ist es bei anderen „Lebensmitteln“ nicht so einfach.
Seit der Antike ist bekannt, dass ein ausschweifendes Leben, das vor allem einen hohen Fleischkonsum beinhaltet, zu Gicht führte. So war Gicht vorwiegend ein Problem der Reichen. Gicht wird ausgelöst durch eine zu hohe Harnsäurekonzentration im Blut. Harnsäure kristallisiert aus und führt zu Gelenk- und Nierenschäden.
Damit ist die gesundheitliche Folge – wie beim Rauchen und Saufen keine auch- keine akute, sondern eine chronische, die durch langen Mißbrauch hervorgerufen wird. Im Fall von Krebs ist eine Einzelfallbetrachtung in der Regel nicht möglich, denn zu viele Variablen beeinflussen die Erkrankung. Die bisher beste Studie dazu wurde in den 1980 iger Jahren von Thomas Campbell senior und junior durchgeführt. Sie basiert auf Daten, die in verschiedenen asiatischen Ländern in den 1970 Jahren erhoben wurde. Mit Hilfe dieser China-Studie gelang es erstmals Ernährungsverhalten und Krankheiten miteinander zu korrelieren (5).
Mafiöse Strukturen bei der Fleischproduktion
Natürlich wurde die China-Studie in jeder Hinsicht kritisiert. Denn eine valide Untersuchung zu Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes und verschiedenen Krebsformen (Brust-, Prostata- und Darmkrebs) gefährdete den in den 80iger Jahren wachsenden Fleischmarkt. „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“ war der Slogan der Erzeuger, wobei damit nicht die Bauern gemeint waren, sondern hauptsächlich die Schlachter. Die Zusammenhänge entlang der Wertschöpfungskette „Fleisch“ kennt einige wenige Gewinner und etliche Verlierer. Das beleuchtet der SWR in der Doku „Gekaufte Agrarpolitik“ (6). So sind die Erzeuger, nämlich die Bauern, in die totale Abhängigkeit von EU Geldern geraten, da sie sonst nicht mehr produzieren können. Der Verkaufspreis von Schwein oder Rind wird vom Abnehmer „Schlachthof“ diktiert. Und der will‘s so billig wie möglich. Das deckt also gerade die Kosten für Futtermittel, Tierarzt, Kredite usw. Auf einen kurzen Nenner gebracht heißt das.
Die Schlachtbetriebe lassen sich die billigen Tierpreise durch die Steuerzahler finanzieren und halten dabei die Bauern am Existenzminimum.
Fleischindustrie: Arbeiten „unter aller Sau“
Als wenn die Ausbeutung der Bauern noch nicht genug wäre, die Weiterverarbeitung der getöteten Tiere ist genauso unethisch. Das hat im Sommer 2020 Corona beleuchtet und zu großen Diskussionen geführt (7). Außer den prekären Bedingungen für die Arbeiter, die übrigens im EU weiten vergleich „unter aller Sau“ sind, äußerten hier die JournalistInnen im Presseclub auch den Vorwurf, es handle sich um mafiöse Strukturen.
Deutschland gilt als Billigland der Fleischverarbeitung mit den niedrigsten sozialen Standards (8).
Die Chefs dieser „Kadaverfabriken“ machen weiterhin „ihr Ding“, staatlich sanktioniert und unantastbar wie „Paten“. Ein Schelm, wer da an die Mafia denkt.
Supermarkt: Fleisch ein Stück Lebenskraft?
Außer der mafiösen Fleischberarbeitungsindustrie gibt es einen weiterer Gewinnern der systematischen Ausbeutung: Der Supermarkt: Edeka, REWE, Penny, Lidl, Aldi, Netto und andere. Unter dem Deckmäntelchen, Fleisch für alle sozialen Schichten verfügbar zu machen, streichen sie selber noch mal geschätzte 30% Gewinn ein. Ganz so, wie es ein Drogendealer auch machen würde. Der einzige Unterschied besteht darin, dass dieses Gebaren im Bereich Fleisch staatlich erlaubt ist.
Aber hilft Fleisch uns wirklich, gesünder zu leben? Weit gefehlt! Außer den gesundheitlichen Schäden für uns selbst (siehe China-Studie), schaden wir unserer Umwelt regional und global. Regional durch die Gülle und die Antibiotika resistenten Keime, die großflächig verbreitet werden und global durch den Futtermittelanbau (Soja), für den in der Regel Regenwälder abgefackelt werden.
Der Fleischkonsum gilt als einer der wesentlichen Treiber des Klimawandels
Wenn wir jetzt noch mal an den Anfang zurück kommen. Und die provokante Behauptung, Fleisch ist eine Droge, überprüfen, dann ist die wichtigste Nebenwirkung des Drogenkonsums doch die psychische Abhängigkeit. Bei dem Genuß einer Droge entsteht ein Glücksgefühl, das durch die Dopamin Ausschüttung im Gehirn ausgelöst wird. Einmal genossen, will ich mehr davon. Und blende die dunklen Seiten des Systems, die barbarischen Produktionsmethoden aus. Das nennt man kognitive Dissonanz.
Doch die gesundheitlichen Spätfolgen können dramatische sein. Das zeigt ein Blick nach Großbritannien, wo die sogenannte „mad cow disease“ auftrat, nachdem man Schlachtabfälle an Rinder verfüttert hatte. Die degenerative Erkrankung des Gehirns, Creuztfeld-Jacob, können auch beim Menschen auf Fleischkonsum zurück geführt werden. Bisher nicht korreliert sind Alzheimer, Demenz und Parkinson. Aber das ist sicherlich nur noch eine Frage der Zeit…(10)
Somit beinhaltet das „Lebensmittel“ Fleisch alle Parameter, die auch illegale Drogen kennzeichnen (11):
- eine Beschaffungskette unter Ausbeutung der Beteiligten
- hoher Gewinn beim Dealer
- suchtähnliches Verhalten der KonsumentInnen
- gesundheitliche Langzeitschäden
Hier sind wir an dem Punkt, an dem die Eingangsthese „Dein Supermarkt als Dealer“ Sinn macht. Aber du als KonsumentIn kannst viel dafür tun, das zu ändern – zugunsten deiner Gesundheit, aber auch zugunsten des Leids der Tiere und aller Menschen, die diesem unwürdigen System unter barbarischen Bedingungen dienen, und fürs Klima: VERZICHT.
Quellen / Referenzen
(3)https://www.dw.com/de/die-deutschen-und-das-fleisch/a-49947501
(4) https://de.statista.com/themen/1582/drogensucht/
(5) https://en.wikipedia.org/wiki/The_China_Study
(6) https://www.youtube.com/watch?v=3yxZekvV89M
(7) https://www1.wdr.de/daserste/presseclub/sendungen/fleischindustrie-114.html
(8) Manfred Kriener, Leckerland ist abgebrannt, ISBN-13 : 978-3777628158 https://wurstend.net/magazin/leckerland-ist-abgebrannt/
(9) https://www.instagram.com/p/CH7KnoGq5y5
(10) https://www.zentrum-der-gesundheit.de/artikel/fleisch/krankheitserreger-milch-fleisch-ia
(11) https://www.vegpool.de/magazin/machen-tierprodukte-suechtig.html
(12) Welches Suchtpotenzial Fleisch hat zeigt der Klassiker
https://www.youtube.com/watch?v=mI4rgzJwK9c