Wie Bhutan das Glück exportiert
Kann man denn Glück exportieren? Ein provokanter Titel denken Sie?
Tatsächlich wird das Glück weltweit exportiert: als Vision, Inspiration und sogar vielerorts „gelehrt“. Hinweise wie das Glück, das Glücklichsein zu finden ist, findet man schon seit tausenden Jahren in alten Weisheitsschriften und Religonen weltweit.
Eine Inspiration, die auch mich, Sylvia Paschold, 2016 bei der Arbeit des Projektes „Glück in Krefeld“ gefunden und begeistert hat. Was, wenn die Menschen glücklich sind? Wie sieht dann unsere Welt aus? Das Thema Glück begleitet und beschäftigt mich nun seit 7 Jahren.
So wie mir, geht es mittllerweile vielen Menschen auf der ganzen Welt. Es ist wie eine Saat, die sich über die ganze Welt verbreitet hat und in vielen Herzen und Köpfen wächst und wiederum neue Samen in die Herzen anderer sät. Mittlerweile gibt es viele Forschungen, Projekte und Aktionen rund um das Thema Glück.
Bhutan – ein kleiner Staat im Himalaya – wie ein Märchen?
Bhutan, ein kleiner Bergstaat, fernab von der westlichen Zivilisation machte sich 2008 auf den Weg, sich um das Wohlergehen, das Glück seiner Bevölkerung zu kümmern. Bruttosozialglück statt Bruttosozialprodukt ist die der Vision zugrundeliegende Idee. In Bhutan steht seitdem das persönliche Glück der Bürger im Mittelpunkt. Es ist ein Anliegen der Regierung, das “Bruttosozialglück” jährlich zu messen und zu verbessern. Das ist bisher etwas Einzigartiges auf unserem Planeten! Der Staat wurde dafür 2009 offiziell von der UN als Modell für die Umsetzung der Vision des Bruttonationalglück erwählt. Als Gegenmodell zum Bruttonationaleinkommen (BNE), das Wohlstand nur finanziell bewertet, zielt das Bruttonationalglück auf eine ganzheitlich nachhaltige Entwicklung ab: Ökologische, spirituelle und soziale Aspekte gelten den ökonomischen als gleichwertig.
Ein König dankt für das Glück seiner Untertanen ab
König Wangchuck der Vierte, ein visionärer Monarch, setzte bereits in den 1970 er Jahren auf die Philosophie des „Bruttonationalglücks“ als Bezugsrahmen für die Entwicklung des Landes.
Bhutan ist seit 2008 eine konstitutionelle Monarchie, ein buddhistisches Königreich, am östlichen Rand des Himalayas. Eine Verfassung wurde auf Initiative des vierten Königs ausgearbeitet, 2005 dem Volk präsentiert, und 2008 vom 5. König ratifiziert. Im März 2008 wurde erstmalig eine Regierung demokratisch gewählt. Wahlen finden alle fünf Jahre statt. Staatsoberhaut Jigme Khesar Namgyal Wangchuck ist der 5. König von Bhutan.
Seine Abgeschiedenheit von der westlichen Welt ist zum größten Teil durch das Himalaya-Gebirge geprägt. 80 Prozent des Landes liegen in einer Höhe über 2.000 m, mehr als zwei Drittel sind bewaldet. Es ist für seine Klöster, Festungen (oder Dzongs) und die spektakulären Landschaften bekannt, die von subtropischen Ebenen bis zu steilen Bergen und Tälern reichen. Die Hauptstadt Thimphu liegt im Westen in einer Höhe von 2.320 m und ist mit rund 115.000 Einwohnern die größte Stadt des Königreichs. Höchster Berg ist der 7.570 m hohe Gangkhar Puensum. Bhutan, das in der Landessprache Dzongkha Druk Yul, “Land des Donnerdrachen”, heißt. ist mit rund 730.000 Einwohnern sehr dünn besiedelt. Zwei Drittel der Bevölkerung leben von Landwirtschaft und Viehzucht. Über 80 Prozent der bhutanesischen Bauern besitzen eigenes Land. Bhutan hat sich einen bäuerlichen Charakter ohne Industrieanlagen bewahrt.
Erfolg bemisst sich nicht in Geld – sondern in Glück
Bhutan, nimmt die Sache mit dem Glück sehr ernst und untersucht jedes Jahr in einer Bürgerbefragung die Resultate der getroffenen Massnahmen für das Wohlergehen der Bürger. In der Einwohnerbefragung wird ausführlich zu allen möglichen Glücksfaktoren ermittelt: von Gesundheit über Bildung, Spiritualität, Resilienz bis hin zu Umweltschutz.
Daraus wird ein Index den „Gross National Happiness Index“ (GHI) erstellt, der anzeigen soll, wie sich die Lebensqualität der Bevölkerung entwickelt. Bis jetzt ist das Bruttonationalglück der Bhutanerinnen und Bhutaner mit jeder Erhebung gestiegen.
„Wahres Glück kann nicht entstehen, wenn andere leiden.“ erster Premieminister, Jigme Thinley.
Absicht ist es deshalb, die Grundlagen für Wohlergehen der Bevölkerung zu erschaffen.
Das Konzept des Bruttonationalglücks
1. Die Förderung einer sozial-gerechten Wirtschaftsentwicklung
2. die Bewahrung und Förderung von Kultur und Religion
3. die Bewahrung und der Schutz der Umwelt
4. eine gute Regierungsführung.
Glück macht Schule – weltweit
Äußerst wichtig ist deshalb die Bildung. Selbst im hintersten Himalaya-Tal Bhutans gibt es eine Schule. Und dort wird auch Glück gelehrt. Nach den Lehrplänen, die Dr. Ha Vinh Tho mitentwickelte.
Emphatie und Respekt stehen dabei an erster Stelle. Meditation als Möglichkeit den Geist zu schulen und achtsamer und gelassener zu werden, sowie soziale Fähigkeiten und emotionale Intelligenz zu schulen. Ein Schulsystem in dem Kooperation stärker betont wird, als Wettbewerb.
Dr. Ha Vinh Tho leitete viele Jahre das Gross National Happiness Center in Thimphu, der Hauptstadt Bhutans. Das GNH Center Bhutan (GNHCB) ist eine gemeinnützige zivilgesellschaftliche Organisation unter der Schirmherrschaft Ihrer Königlichen Hoheit Ashi Kezang Choden Wangchuck.
Das GNHCB fördert das Konzept der BNG-Werte national und international, indem es transformatives Lernen erleichtert, um einen nachhaltigen gesellschaftlichen Wandel zu erreichen. Das GNHCB setzt sich leidenschaftlich dafür ein, eine bessere Welt mit wahrem Glück zu schaffen, und sieht sich selbst als Kultivator von mitfühlenden GNH-Werten. Unter den menschenzentrierten Werten von GNH arbeitete es daran, nachhaltige Lösungen für Mensch und Planet anzubieten.
Die Programme zur Entwicklung von Happiness Skills:
– Selbstbewusstsein entwickeln
– Ein gutes Gleichgewicht zwischen Fürsorge für sich selbst und Fürsorge für andere finden
– Stärkung der Resilienz bei der Bewältigung von Schwierigkeiten
– Sinn und Orientierung im Leben finden / wiedererlangen
– Offenlegung / Realisierung des vollen Potenzials
Dr. Ha Vinh Tho ist nun dabei, die Idee des GNH weltweit in Firmen, Schulen und Organisationen zu implementieren. Er ist Gründer des Eurasia Learning Institute for Happiness and Wellbeing (ELI) und ist unter anderem auch Dozent in Deutschland an der Hochsule Osnabrück.
„Auch Bhutan hat seine Probleme“, räumt Ha Vinh Tho ein. „Aber: das Experiment, was dort durchgeführt wird, ist ein Experiment, von dem alle Länder etwas lernen können.“
Glück als Schulfach wird mittlerweile auch in mehr als 100 Schulen in Deutschland und Österreich unterrichtet.
Sinnfindung, Geborgenheit, soziale Beziehungen, selbstbestimmtes Handeln, Selbstakzeptanz, Umweltbewältigung, und die persönliche Weiterentwicklung zählen zu den Inhalten.
Wer bin ich? Was brauche ich? Was kann ich? Was will ich?
Die Schüler lernen, ihre Träume und Bedürfnisse wahrzunehmen, daraus Ziele zu formulieren und Wege zu finden, um sie zu verwirklichen. Sie setzen sich aber auch mit dem Scheitern auseinander. Es ist wichtig früh zu lernen, auch mit Niederlagen richtig umzugehen, sie als Chance zu begreifen, um künftige Herausforderungen besser bewältigen zu können.
Die Forschung sagt, glücklich sein, kann man lernen!
Glück als Fähigkeit zu betrachten, ist eine relativ neue und ungewöhnliche Idee in unserer gegenwärtigen westlichen Kultur, aber die meisten traditionellen Weisheitstraditionen, von der antiken griechischen Philosophie bis zur asiatischen Spiritualität, haben diese Vision geteilt und Methoden entwickelt, um die inneren Qualitäten zu kultivieren, die zum Glück führen.
Neurowissenschaftliche Forschung hat die Fähigkeit des Gehirns aufgezeigt, sich als Reaktion auf Erfahrungen zu verändern. Diese Plastizität des Gehirns und des Nervensystems ist die Grundlage für die Entwicklung von Glücksfähigkeiten wie Mitgefühl, Dankbarkeit oder Freundlichkeit.
Die Entwicklung von „Glücksfähigkeiten“ verändert unser Denken und Fühlen und macht Jeden zu seines
Glückes Schmied, wie schon der Volksmund sagt. Fazit: Wir alle haben die Fähigkeit, glücklich zu sein. Wir können das üben.
2023 – World Happiness Report zum 10. Mal
Im Juli 2011 lud die Resolution 65/309 der Generalversammlung der UN die Teilnehmerländer ein, das Glück ihrer Bevölkerung einzuschätzen und diese Daten zu nutzen, um ihre Politik besser ausrichten zu können.
Am 2. April 2012 folgte ein Treffen auf höchster Ebene, welches Wellbeing and Happiness: Defining a New Economic Paradigm genannt wurde. Den Vorsitz führten der UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und der Premierminister von Bhutan, Jigme Thinley. Am 28. Juni 2012 wurde der 20. März zum Internationalen Tag des Glücks erklärt.
Der World Happiness Report ist seitdem ein jährlich vom Sustainable Development Solutions Network der Vereinten Nationen veröffentlichter Bericht. Der Bericht enthält Ranglisten zur Lebenszufriedenheit in verschiedenen Ländern der Welt und Datenanalysen aus verschiedenen Perspektiven.
Der World-Happiness-Report verwendet Bewertungskriterien, die auf statistischen Erhebungen basieren und nicht das subjektive individuelle Glücklichsein der Menschen wiedergeben. Also nicht das Ergebnis einer anonymen und repräsentativen Befragung wie in Bhutan.
Im World Happiness Report des Jahres 2022 belegte Finnland wiederholt den ersten Platz. Deutschland nahm den 14. Platz ein.
Die Idee eines Einzelnen, hat viele Menschen inspiriert und wurde zu einer internationalen Bewegung für das Glück der Menschen. Export gelungen, oder?
Quellen:
https://bhutan-hilfe.de/koenigreich-bhutan/
https://www.bhutan-discover.de/ueber-bhutan/landesinformationen/ueber-bhutan-allgemein.html
https://de.wikipedia.org/wiki/World_Happiness_Report
https://www.deutschland.de/de/topic/wissen/glueck-als-schulfach-in-deutschland
https://bruttonationalglueck.ch/Bruttonationalglueck/
https://www.imzuwi.org/index.php/homepage/79-ueber-uns/167-bng-bruttonationalglueck
TIPP
„Einfach Leben! – Bhutan, das Reich des Glücks“ …
… so der Titel, der knapp 45 minütigen Dokumentation, bei der Sie den Autor und Bergsteiger Nils Bökamp auf der Suche nach dem Glück durch Bhutan begleiten. Er ging der Frage nach, wie ein einfaches Leben glücklich macht. Worin das Glück, das in Bhutan traditionell und gesetzlich verankert ist, seinen Widerklang findet. Dabei entdeckte Nils die Stille und die landschaftlichen Schönheiten des Landes. Die Dokumentation ist noch bis 15.08.2023 in der 3sat Mediathek verfügbar.