Der Verbindungscheck: Wie gut komm ich von A nach B?
Fast 7 Millionen 9 EURO Tickets sind schon zum 1. Juni verkauft und das befürchtete Chaos danach in den Verkehrsbetrieben erst mal ausgeblieben. Zu Pfingsten jedoch fand das statt, was vorhersehbar war: Alle wollten mit der Bahn fahren. Die meisten Fahrgäste machten einen Kurztrip zu einem bekannten Erholungsort, oder starteten gleich in den Urlaub. Und damit hat Pfingsten gezeigt, wofür die Mehrheit der Reisenden das Ticket nutzen möchte: Ausflüge und Urlaub. Aber mit der Bahn in den Urlaub? Das ist doch noch keine echte Mobilitätswende! Wie sind die Verbindungen im Alltag tatsächlich? Wir von #wurstend haben mal genauer hingeschaut – hier ist unser Verbindungscheck.
Alle wollen immer von A nach B
Ich dagegen will von nur A nach B, und ich möchte wissen, ob das mit dem ÖPNV genauso gut geht, wie mit dem Auto. Verglichen habe ich dafür die Apps: DB App, VRR, Zäpp (Ruhrbahn) und Google.
A und B variieren schon mal, aber meist ist A mein Zuhause und B mein Zielort (die Zielorte sind alle im Titelbild!) und dafür schaue ich mir mal verschiedene Szenarien an. Es sind Strecken, auf denen ich üblicherweise das Auto nutze. Und das gilt es zu schlagen. Und das ist echt schwer.
Om – erst mal zur Yoga-Schule fahren
Mein erster Versuch zum Yoga-Kurs A = mein Zuhause, B = Schornstr. 15, Essen (Oranges B im Titel). Das ist eine Strecke von 24 km über die A 40 und 18 km mit dem Rad über den RS1. Google Maps weiß auch, wie lang ich dafür brauche:
- Auto 24 min
- ÖPNV 40 min
- Rad 1 h
- zu Fuß 3h 1 min
Auto fahren ist also immer noch unschlagbar schnell, selbst, wenn ich 10 Minuten Parkplatzsuche mit einrechne, bin ich bei 34 Minuten. Aber die 40 Minuten im ÖPNV sind damit nicht mehr weit entfernt.
Google meint, ich käme in 40 Minuten an. Wie ich mein Rad am Bahnhof unterbringe, läßt er im Unklaren. Der VRR schlägt eine Radbox vor, aber ob die nun an der Haltestelle oder ganz woanders ist, bleibt offen. DB und ZÄPP versuchen gar nicht erst, das Rad mit zu betrachten (in der Standardeinstellung) und setzten klassisch auf Schusters Rappen. Dafür nehmen ZÄPP und DB unterschiedliche Geschwindigkeiten an. Keine der Apps schlägt eine Fahrradmitnahme im ÖPNV vor. Dann würde sich nämlich die Fahrzeit deutlich verkürzen: 16 Minuten Fahrt zum Bhf + 10 Minuten Fahrt mit der Bahn + 6 Minuten Fahrt mit dem Rad zum Ziel = 32 Minuten , was dann echt konkurrenzfähig zum Auto wäre. Lediglich die Wartezeit und die Zeit, die Treppen in den Bahnhöfen mit dem Rad zu überwinden, muß mit eingerechnet werden.
Auf ins wurstend Headquater
Mit dem High-Standard Auto erreiche ich das Ziel Liebigstr. 1 in Rumeln-Kaldenhausen (Blaues B im Titel) in 28 Minuten, ich muß keinen Parkplatz suchen, deswegen ist die Zeit echt sportlich….
Es wird deutlich, dass die Differenzen zum Auto enorm sind, und die schnellsten Verbindungen stehen nicht am häufigsten auf dem Fahrplan. Man braucht eher 20 Minuten mehr. Dann kommt hinzu, dass auch die Taktung der Verkehrsmittel weniger häufig ist, als z.B. nach Essen. Die schnelle Verbindung mit dem Auto ist mit den Öffis nicht zu schlagen.
Die schnellste Route dem Rad in der Bahn: 18 Minuten zum DU Bahnhof, RE 42 nach Krefeld-Uerdingen 10 min, mit dem Rad weiter 14 min = 42 Minuten. Dann wäre alleine die Fahrzeit mit dem Rad länger als die Autofahrt. Die 10 Minuten im Regionalexpress – Banane…. Für eine Redaktionssitzung von einer Stunde ist der Weg definitiv zu weit. Die Lösung hier ist das Online Meeting.
Zu Bauer Willi nach Rommerskirchen
Rommerskirchen (Grünes B im Titel) liegt in einem ÖPNV toten Winkel. Gut, dass Landwirte überwiegend motorisiert sind. Im VRR Verbundraum liegt es nur 5 „Waben“ von Mülheim entfernt, gefühlt aber in einer anderen Welt.
a) von mir zu Hause aus: Zu schlagen sind 50 Minuten mit dem Auto
b) vom wurstend Headquater aus geht’s noch schneller: 36 Minuten.
Aber wenn man von Duisburg aus startet?
ÖPNV das dauert !
Fazit, die Umsteigerei kostet wirklich viel Zeit, weswegen viele Artikel auch zeigen, wie weit man mit wenig umsteigen kommen kann. Auf langen Strecken lohnt es sich auch eher nicht das Rad mitzunehmen , da die Fußwege nur einen kleinen Teil der „Fahrzeit“ ausmachen. Unnötiger dagegen sind die Wartezeiten, die dann schon mal erheblich werden können, und wenn Verbindungen ausfallen oder sich verspäten…. Das dauert!
Der Knaller ist jedoch, wenn ich zu Ulrike will nach Kaarst. Eine Strecke, die mit dem Auto in 35 Minuten abzurutschen ist. Mit dem ÖPNV brauche ich im besten Fall 1:46 h. Hier habe ich sogar nicht nur eine Verdoppelung der Fahrzeit wie in den vorherigen Beispielen, sondern eine Verdreifachung. Das ist wohl auch die Zeit, die man kalkulieren sollte, wenn man den ÖPNV nutzt, eine Verdreifachung der Fahrzeit zum Ziel.
Okay, man könnte argumentieren, dass das auch mit dem Auto zukünftig länger dauern wird, wenn nicht sogar unmöglich sein könnte. Wenn man nun aber nicht an einer häufig befahrenen Strecke wohnt, hat man echt gelost. Und das Ruhrgebiet, auch wenn es ein riesiger urbaner Raum ist, kann sich eben nicht mit Großstädten vergleichen. Dort kommt man mit dem ÖPNV deutlich schneller ans Ziel als mit dem Auto.
Wenn wir mit dem 9 EURO Ticket tatsächlich einen Umstieg bewirken wollen, sollten
- die Fahrzeiten kürzer werden durch eine engere Taktung der Busse und Bahnen
- tote Winkel durch intelligente Lösungen abgedeckt werden wie z.B. durch On-demand Angebote
- für Passagiere mit körperlichen Einschränkungen sind die vielen Fußwege nicht geeignet
- Passagiere, die mit Kindern unterwegs sind, sind ebenfalls im Nachteil, da sie kurze Umsteigezeiten nicht bewältigen können und möglicherweise auch noch Kinderwagen oder anderes mit dabei haben
Im Regionalverband Ruhr werden solche Veränderungen mit den ÖPNV-Anbietern schon diskutiert. oder von German Zero mit konkreten Maßnahmen verbunden.
Bildnachweise
Titelbild: NRW Regionalverkehrsplan https://www.vrr.de/fileadmin/user_upload/pdf/fahrplan_und_mobilitaet/Regionalverkehrsplan.pdf
Tabellen eigene Werke wurstend
P.S. Schnellste Verbindung
Die schnellste Verbindung variiert hinsichtlich Reisetag und Tageszeit enorm, deswegen könnt Ihr in Euren Apps durchaus auf andere Werte kommen. Schreibt uns gerne Eure Erfahrungen in der Kommentarspalte.