Tempolimit und Digitalisierung – Kommentar
Wer hatte das denn nun durchgestochen? Die Grünen verzichten auf’s Tempolimit auf Autobahnen! What?! Hat sich der Porsche fahrende Christian Lindner nun doch durchgesetzt?
Baujahr 1982, 180 PS, von Null auf Hundert in 7 Sekunden und 225 km/h Höchstgeschwindigkeit. Das ist nicht der Lindner, sondern sein Auto. Und das wird im Folgenden immer wichtiger werden.
Das Umweltbundesamt hat 2020 berechnet wie viel CO2 sich durch eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen einsparen ließe. und kommt auf Mengen von 1,9 bis 5,4 Mio t CO2 pro Jahr, je nach Tempolimit von 130 bis 100 km/h.
Tempolimit 130
Uuppss! Es ist ja nichts so schwierig einzuhalten wie 130 km/h auf Autobahnen. Selbst, wenn wir jetzt mal unterstellen, wir wären guten Willens, aber Tempomat 130, das funktioniert doch nicht. Nicht, weil es mein Auto nicht könnte, sondern, weil es den anderen VerkehrsteilhnehmerInnen nicht ersichtlich ist. Stop and go vorprogrammiert, oder? Denn der vor mir, fährt wohl ohne Tempomat und somit mal schneller und mal langsamer. Beim Überholen gibt er einfach kurz Gas und ich stecke wieder dahinter. Apropos dahinter, die können gar nicht einschätzen, dass ich mit Tempomat fahre und sitzen mir mit Lichthupe beim Überholvorgang im Nacken. Mein Beifahrer ätzt, ich würde versuchen, andere zu erziehen. Genau wie Herr Lindner, der fordert: bitte keine Volkserziehung per generellem Tempolimit! Und gibt sich damit als Autofahrer-Versteher.
Genau hier haken wir aber mal ein, Herr Lindner: Eine Forderung der FDP ist doch auch die Digitalisierung! Und wenn nicht im Automobilen Bereich, wo denn dann? Nur als Hinweis: Nennt sich zuweilen auch KI, künstliche Intelligenz.
Enter The Flow
Wir setzen uns gern ins Auto und brausen dann einfach mal los. Den Kopf frei kriegen, nennen wir das dann. Bei der Meditation nennt man das, in den Flow eintreten. Wenn der Fluß so wichtig ist, dann doch für den Verkehr! Ist Autofahren eine Form der Meditation? Sicherlich nicht für RaserInnen, denn „Wer schneller als 130 Kilometer pro Stunde fährt, vergrößert in haftungsrelevanter Weise die Gefahr, dass sich ein anderer Verkehrsteilnehmer auf diese Fahrweise nicht einstellt, insbesondere die Geschwindigkeit unterschätzt.“ sagte 1992 der BGH.
Aber mal zurück zur KI, Herr Lindner. Moderne Autos, also nicht Oldtimer von 1982, sondern welche von 2020 und gerne auch in der gehobenen Mittelklasse, von der Sie ja angeben, sie dienstlich zu fahren, haben das: Tempomat, automatische Abstandsanpassung und Temporegulierung. Darf ich Ihnen das mal sagen, da drücken Sie einfach nur auf einen Knopf und dann macht das Auto den Rest. Auf der Autobahn können sie dann ganz entspannt am Radio Ihren Lieblingssender einstellen oder nach dem Handy suchen. Denn das Board-System beobachtet den Verkehr und bremst oder beschleunigt automatisch, solange Sie die Hände am Lenkrad lassen.
Frauen haben keine Ahnung? Ich habe es ausprobiert: Halle (Saale) nach Mülheim (Ruhr) fünfeinhalb Stunden Tempomat, anders hätte ich die Strecke auch nicht geschafft, denn ich war ohne Beifahrer unterwegs. Da konnte ich übrigens auch ganz gut beobachten, dass die meisten VerkehrsteilnehmerInnen 130 km/h oder weniger fahren, also ihr ganz persönliches Klimaschutzprogramm umsetzten. Natürlich gab es auch einige RaserInnen, meist in SUVs unterwegs, die meinten viieel schneller fahren zu müssen. Einige davon habe ich dann in der nächsten Baustelle wieder eingeholt.
Herr Lindner, probieren Sie das mal aus mit dem Tempomat, bevor Sie von Volkserziehung sprechen. So ein modernes Auto hat übrigens noch ein tolles Feature: Spurhalte-Assistent, der wäre doch für die FDP wirklich sehr hilfreich!