Der große Bluff: Dein CO2-Fußabdruck
Foto: Wurstend 2021
Was steckt wirklich hinter dem CO2-Fußabdruck?
Inhaltsverzeichnis
Dein persönlicher CO2-Fußabdruck – Wer kennt es nicht – der erhobene Zeigefinger, der uns mitteilen möchte unseren Verbrauch an die endlichen Ressourcen und den drohenden Klimakollaps anzupassen. Doch was ist eigentlich CO2? Für Menschen ein Gas, das wir ausatmen, das bei Verbrennung entsteht und in höherer Anreicherung zum Erstickungstod führt. Für die Pflanzen ist es jedoch Nahrung, für sie ist Kohlenstoffdioxid was für uns der Sauerstoff (O2) ist. Zwei Seiten der Symbiose zwischen Tieren und Pflanzen, die das Leben auf diesem Planten erst möglich machen.
Kohlenstoffdioxid ist also ein Gas was für das Leben auf diesem Planeten unverzichtbar ist, zum Problem wird es erst, wenn CO2 in die Atmosphäre gelangt, denn dort hat es das Potenzial die Ozonschicht aufzulösen und unser Klima zu verändern.
Die Leugner des menschengemachten Klimawandels führen häufig an, dass CO2 aber wesentlich schwerer als das durchschnittliche Gasgemisch der Luft ist und insofern gar nicht in die Atmosphäre gelangen könne. Was ist davon zu halten und wie sieht es mit den anderen klimaschädigenden Gasen aus?
Kyoto 1997
Auf der Klimakonferenz 1997 in Kyoto wurde im Protokoll zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen Folgendes festgestellt:
„Die Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre ist vor allem auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen, insbesondere auf das Verbrennen fossiler Brennstoffe, Viehhaltung und Rodung von Wäldern.“
Die im Kyoto-Protokoll reglementierten Treibhausgase sind:
- Kohlenstoffdioxid (CO2, dient als Referenzwert),
- Methan (CH4),
- Distickstoffmonoxid (Lachgas, N2O),
- teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW/HFCs),
- perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW/PFCs) und
- Schwefelhexafluorid (SF6),
- explizit ausgeschlossen sind diejenigen Treibhausgase, die bereits durch das Montreal-Protokoll reguliert waren
Die vorgestellten Klimagase haben deutliche unterschiedliche Potenziale und Verweildauern in der Atmosphäre, ihr Schadpotenzial ist also sehr unterschiedlich.
Den eingangs zitierten Zweifel aufgreifend beschäftigen wir uns zunächst mit dem relativen Gewicht unserer klimaschädigenden Kandidaten. Das ist feilich zunächst eine Vereinfachung, denn die Atmosphäre ist keine stehende Masse, vielmehr in ständiger Bewegung, so ist beispielsweise die Konzentration von CO2 bis in 100 Kilometer Höhe nahezu konstant und das trotzdem CO2 schwerer als Luft ist. Dennoch ist evident, dass ein beispielsweise nur halb so schweres Gas bei ansonsten vergeleichbaren Eigenschaften, demnach doppelt so hohes Potenzial besitezn dürfte bis zur Ozonschicht durchzudringen.
Also frei nach Arnold Schwarzenegger: Ran an die Gewichte! In der folgenden Tabelle sind die im Kyoto-Protokoll aufgeführten Klimagase mit der Referenz zum Standard-Luftgemisch nach Kilogramm pro Kubikmeter aufgeführt und zwar beginnend mit dem Fliegengewicht Methan (CH4).
Die Klimagase des Kyoto Protokolls nach Gewicht | Dichte in kg/m³ |
---|---|
Methan (CH4) | 0,7168 |
Wasserdampf | 0,88 |
Allgemeines Luftgemisch aus Stickstoff 78,08 %, Sauerstoff 20,95 %, Argon 0,93 %, CO2 0,04 % und Wasserdampf 0,4% | 1,2041 |
Kohlenstoffdioxid (CO2 – Die Referenz) | 1,9769 |
Distickstoffoxid (Lachgas, N2O) | 1,979 |
Stickstofftrifluorid | 1,98 |
Tetrafluorethan | 4,4 |
Dichloridfluormethan | 5,548 |
Schwefelhexafluorid | 6,626 |
Tetrafluorpropen | 670 |
Was sind also die Klimakiller?
Die in den 90-er identifizierten Klimagase aus Kältemitteln, Spraydosen, etc. haben zwar ein enormes Potenzial die Ozonschicht zu schädigen – teilweise bis hin zum 20.000-fachen des CO2-Äquivalentes, aber sind so schwer, dass ihre Konzentration in der Ozonschicht relativ gering ist. Die meisten davon sind zudem frühzeitig verboten worden. Am Beispiel von Schwefelhexafluorid lässt sich das gut veranschaulichen, es ist zwar 23.500-mal so schädlich in der Ozonschicht wie CO2, jedoch mit lediglich 10 ppt (parts per trillion – also 10 Teile auf 1 Trillionen Teile) in der Atmosphäre trägt es aktuell nicht zur Zerstörung der Ozonschicht bei. Sieht man sich das relative Gewicht von 6,6 Kilogram pro Kubikmeter an wird klar, dass Gewicht doch eien Rolle spielt.
Alles unter 2 Kilogramm pro Kubikmeter steigt jedoch mit Leichtigkeit in die Atmosphäre auf. Allen voran Methan (CH4), das fast doppelt so leicht wie das Standard-Luftgemisch ist. Lachgas -N2O oder Distickstoffoxid teilt sich die Dichte mit CO2 Kohlendioxid, hat jedoch ein vielfaches Potenzial zum Abbau der Ozonschicht.
Unter nüchterner Betrachtung und allein an Hand des relativen Gewichtes haben wir schon feststellen können, welche zweifelsfrei – auch vor dem Hintergrund der Argumente der Klimawandel-Leugner – die problematischen Klimagase sind. Jetzt sollte uns interessieren, welches Klima-Potenzial die drei Kandidaten mitbringen und in welchen Sektoren sie emittiert werden.
Metahn (CH4)
Das leichteste Klimagas Methan (CH4) ist mit 0,7 kg/m3 fast halb so schwer wie die Luft, steigt also praktisch zwangsläufig wie ein Heißluftballon in die Atmosphäre auf. In der Ozonschicht hat es dann das 28-fache klimaschädigende Potenzial wie CO2.
Die höchste Methan Emission geht auf die Viehwirtschaft zurück, in kleineren Mengen der nasse Reisanbau *, Kläranlagen und Ausgasungen aus Mülldeponien.
* Für alle Reisliebhaber: Die fortschrittliche SRI-Methode, kommt beim Reisanbau ohne intensive Wässerung und ohne Agrarchemikalien oder Gentechnik aus. Der Weltrekord in der Reisernte pro Hektar wurde mit der SRI-Methode erzielt. Sicherlich gibt es dazu hier auch noch einen Artikel.
Kohlendioxid (CO2)
Mit fast 2 Kilogramm pro Kubikmeter ist es zwar schwerer als Luft, aber die Temperatur bei der vornehmlich durch Verbrennung entstehenden Emission lässt es leicht aufsteigen. Wärme- und Energieerzeugung zeichen hier mit 42% den größten Anteil, gefolgt von Transport (25%), Industrie (19%) und andere. Lediglich 8% entfallen auf die menschliche Ausatmung, wir können also beruhigt sein, die Luft anhalten müssen wir noch nicht.
Sehr unterschätzt werden jedoch häufig der Abbau von geologischen CO2 Senken durch intensivierte Bewirtschaftung, Trockenlegung von Mooren oder die Vernichtung der Wälder, hier werden nicht nur Unmengen CO2 emitiert, obendrein fehlt zukünftig die CO2 Speicherfähigkeit und Sauserstoffproduktion des Ökosystems.
Distickstoffoxid (N2O)
Das dritt leichteste Klimagas mit dem 265-fachen Global Warming Potential und 121 Jahren Verweildauer in der Atmosphäre. Laut Angabe des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) stammen 75% der weltweiten Lachgas-Emissionen aus der Landwirtschaft. Lachgas ist ein natürliches Zersetzungsprodukt durch Mikroben, Bakterien und Pilzen – also eigentlich in der Landwirtschaft unvermeidbar. Mit der Überdüngung durch organische Stickstoff- und Mineraldünger steigt jedoch die Lachgas-Emission zusehends an. Dabei wird aus den Böden mehr N2O emittiert, als die Nutzpflanzen allein im Wachstumsprozess abbauen könnten. – Hier spielt insbesondere die Ausbringung von Gülleüberschüßen auf den Äckern eine wichtige Rolle beim Anstieg der Lachgas-Emission.
Das irreführende Spiel mit den CO2-Äquivalten
Der Begriff CO2-Footprint suggieriert, dass insbesondere Industrie, Mobilität und Heizung die größten Klimagas-Emissionen verursachen, da er augenscheinlich CO2 als Verbrennungsprodukt fossiler Energieträger insbesondere diese Sektoren in das Zentrum der Aufmerksamkeit rückt. Dem ist aber ganz und gar nicht so. Dass Methan, Lachgas und der Abbau von CO2-Senken eine wesentlich größere Rolle spielen wird so geschickt verschleiert.
Wissenschaftlich betrachtet ist die weltweite Viehwirtschaft der mit Abstand größte Emittent von schädlichen Klimagasen. Im Bericht des renommierten World Watch Institutes „Livestock and Climate Change“ von 2009 wird der Anteil der Viehwirtschaft an Treibhausgas-Emissionen auf 51% geschätzt. Und andere renomierte Quellen kommen zu ähnlichen Ergbnissen, so veröffentlicht die Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen 2006 den alarmierenden Bericht „Livestock‘s Long Shadow“ und Oxford 2016 in „Analysis of health and climate change cobenefits of dietary change“ kommen auf 70% Treibhausgase aus der Viehwirtschaft. Die Universität Wien kommt in einer neun Untersuchung 2012 durch die Einrechung des „Missed Carbon Sink“ (also dem Wegfall von CO2 Senken durch Nutzung für die Viehwirtschaft) auf einen Wert der schon bei nahe 80% liegt.
Wenngleich die Rechnung in CO2-Äquivalenten einiges vereinfacht hat, so irreführend ist sie doch, wenn es darum geht Roß & Reiter beim Namen zu nennen, aber wahrscheinlich liegt das auch im Kalkül des Begriffs.
Marketing Coup der Superlative: Der CO2-Fußabdruck und die CO2-Äquivalente
Ironischerweise war es BP (British Petroleum) die mit Beratung von Ogilvy & Mather im Jahr 2004 den Begriff Carbon Footprint populär machten als BP seinen ersten „Carbon Footprint Calculator“ heraus brachte. Die Zielsetzung der Berater war damals das Bewußtsein der Bürger für die eigenen Emissionen bei Heizung, Mobilität, Komfort und Konsum zu schärfen. Zugegeben unrecht haben sie damit im Grunde nicht, jedoch verschob sich damit auch die Verantwortung von den Konzernen auf den Bürger und obendrein wurde CO2-Austoß und Umweltbelastung jetzt als etwas wahrgenommen, was zumindest im Rahmen für unseren Lebensstil unverzichtbar zu sein scheint.
Zugegeben eine geniale Strategie der beratenden Agentur. Ungefähr genausogut wie über gesättigte Fette und die damit verbundenen appetitlichen Lebenmittel zu sprechen, da bekommen sie sofort zur Antwort: „Aber es schmeckt doch so gut!“ Die Werber wissen sehr genau, dass ein schlechtes Gewissen der beste Motor ist, immer wieder dasselbe zu tun. Traurig, aber Werber und Berater haben halt kein Gewissen.
Dennoch der Punkt der Kampagne ist nicht von der Hand zuweisen, denn wir Konsumenten hätten die Macht die Dinge zu ändern, würden wir sie nur nutzen. Ghandi hatte die britische Besatzungsmacht aus dem Land vertrieben, in dem er die Inder aufgefordert hat, keine britischen Waren mehr zu kaufen, Das Gleiche könnten wir heute wieder tun. Die Kampagne von BP war damals vollmundig mit „Beyond Petroleum“ betitelt, da ist es kaum verwunderlich, dass heute eine der erfolgreichsten Marken für Fleichersatzprodukte auf pflanzlicher Basis „BeyondMeat“ heißt. Also greifen wir zu!
Epilog
Wenn Sie bis hier hin gekommen sind haben sie schon den ersten Schritt hinter den Spiegel des manipulativen Begriffs Carbon-Footprint geschafft. Es wird sie wahrscheinlich nicht groß verwundert haben, dass auch dieser Mythos bei näherer Betrachtung ganz Anderes zu Tage fördert. CO2 ist also nicht das Haupt-Problem, es ist nur eine geschickt gewählte Rechneeinheit für gefährlichere Treibhausgase, manchmal kann es sogar Teil der Lösung sein.
Methan wird uns in Zukunft noch wesentlich mehr beschäftigen, wenn die im Permafrost eingeschlossenen Methanhydrat-Vorräte auftauen. Hier steht also eine weitere klimatische Kettenreaktion ins Haus. Gleichzeitig kann es aber auch eine Schlüsselrolle im Klimaschutz der Zukunft spielen, denn die Emission von Methan wird allein aus vorgenannten Grund unvermeidbar sein. Heißt aber im Umkehrschluss, dass die Verbrennung von Methan, also die Umwandlung zu CO2 als 28-fach geringer klimaschädliches Gas, eine mögliche Lösung darstellen wird. Schon heute forschen Ingenieure daran, das Methan der verdauenden Kühe zu sammeln bevor es unkontrolliert in die Luft abgegeben wird, ein anspruchsvolles Unterfangen, wie soll das gehen? Wie wir die Methan-Emissionen des auftauenden Permafroste in den Griff bekommen wird sicherlich noch eine größere Herausforderung, aber die Ingenieure der Öl- und Gas-Industrie arbeiten schon fieberhaft daran. In Zukunft könnet es eher heißen: „Lass uns das Methan verbrennen, bevor es in die Atmosphäre gelangt.“ – Werden wir dann von einem CH4-Footprint sprechen? Man kann weiter gespannt sein, was den Beratern und Lobbyisten dann einfallen wird.
Links / Referenzen
Luftgemisch
https://de.wikipedia.org/wiki/Luft
Dichte gasförmiger Stoffe:
https://de.wikibooks.org/wiki/Tabellensammlung_Chemie/_Dichte_gasf%C3%B6rmiger_Stoffe
und
https://www.chemie.de/lexikon/Liste_der_Dichte_gasf%C3%B6rmiger_Stoffe.html
Treibhauspotenzial – Global Warmin Potential
https://de.wikipedia.org/wiki/Treibhauspotential
Liste der größten Lachgasemittenten
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_gr%C3%B6%C3%9Ften_Lachgasemittenten
Lachgas und Methan
https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/umweltbelastungen-der-landwirtschaft/lachgas-methan
Klimazeitbombe Permafrost
https://www.greenpeace.de/themen/klimawandel/folgen-des-klimawandels/klimazeitbombe-permafrost
How the Gas Industry can help fight Climate Change>
https://theconversation.com/how-the-gas-industry-can-help-fight-climate-change-in-siberia-79149
Gefährliche Informationen
Einige der nachfolgenden Studien sind nicht mehr an den vormaligen Stellen online, was nicht groß verwundert, ist deren Inhalt doch sehr brisant. Die Autoren diese Artikel verfügen jedoch über die PDF-Dokumente, so wie sie damals online waren und stellen diese auf Anfrage gerne privat zur Verfügung. Eine Veröffentlichung auf dieser Plattform stellte u.U. eine Urheberrechtsverletzung dar, weswegen wir sie hier nicht so wiedergeben können.
Wenn sie nach den Titel googeln können sie aber ebenso fündig werden.
Livestock and Climate Change
World Watch Institutes, 2009
Livestock‘s Long Shadow
Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen, 2006
Analysis of health and climate change cobenefits of dietary change
Oxford 2016
Berechnung des Missed Carbon Sink
Universität Wien, 2012