Nur Wenige essen den Globus auf
Wenn es nur Wenige tun, sollte ja noch genug da sein, oder?
Keine Veröffentlichung des letzten Jahrhunderts hat unsere Sicht auf die Entwicklungsländer mehr geprägt als der 1972 veröffentliche Bericht des Club of Romes „Die Grenzen des Wachstums“. Aus Schule, Fernsehen und Zeitungen unterrichtet sind wir damit aufgewachsen, dass es gerade das ungebremste Bevölkerungswachstum der Entwicklungsländer ist, welches uns schon bald an die Grenzen der Belastbarkeit dieses Planeten bringen wird. Auch wenn diese Ansichten in den Statements des Clubs in diesem Jahrhundert differenzierter wurden und die Industrienationen mit ihrem höheren Ressourcenverbrauch ins Zentrum der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit gelangten, hat sich dieser Perspektivwechsel in der öffentlichen Meinung und in den Schulen noch nicht manifestiert.
Genaugenommen sind die meisten Bürger noch auf dem Stand von 1972. Wenn man bedenkt, dass der Bericht kurz vor der Ölkrise und mit Finanzierung der Volkswagenstiftung durchgeführt wurde, wird hinlänglich klar welcher Tenor und wessen Interessen darin vertreten waren. Dass der westliche Lebensstil die Ressourcen zweier Erden bedürfen würde, scheint einigen heute langsam zu dämmern. Bevor wir jedoch die heiligen Kühe der Industrienationen, wie Mobilität, Selbstverwirklichung und Luxus schlachten, kommen wir doch zunächst zu der ganz einfachen Frage: „Bietet unser Planet in Zukunft noch genügend Nahrung für Alle?“
Um die Frage der Welternährung, der Nahrungsströme und die Verteilung auf diesem Globus zu betrachten, müssen wir uns zwangsläufig auch mit der Qualität und der Erzeugung der Nahrungskalorien beschäftigen. Ein Cordon Bleu und ein Müsli haben schliesslich weder gesundheitlich noch in der Menge der verwendeten Agrar-Ressourcen viel gemeinsam. Und wollten alle Menschen der Welt sich ausschliesslich nur noch von Wiener Schnitzel und Pommes ernähren, würde die Ernährung der Welt schon heute zum Erliegen kommen, abgesehen von den gesundheitlichen Folgen. Wir haben usn aber seit der ersten Publikation des Club of Rome weiterentwickelt und auf dem ganzen Globus formieren sich alternative Ernährungsansätze.
Vorbei sind die Zeiten wo die meisten Deutschen auf die Empfehlung der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) vertraut haben, vorbei ist der Glaube an die Ernährungspyramide. Heute gibt es neben den Omnivoren, Flexitarier, Pescetarier, Veganer, Frutarier, Vegetarier, Rohköstler und wie sie alle heißen. Dass meine Ernährung und die Ernährung der Welt nicht von der DGE, dem Bauernverband oder der Agrarindustrie diktiert werden kann, begreifen immer mehr Menschen.
Ohne die geistigen Blockaden der oben genannten Lobby-Logen können wir uns nun unverkrampft mit dem Verhältnis der weltweit konsumierten Nahrungskalorien beschäftigen. Um ihre Aufmerksamkeit nicht zu strapazieren, werden wir nicht in die Tiefe gehen, sondern mit den beiden wichtigsten Nahrungsgruppen, den pflanzlichen und tierischen Ursprungs beschäftigen, denn es geht um die eingangs erwähnte simple Frage: „Bietet unser Planet in Zukunft noch genügend Nahrung für Alle“
Laut einem Bericht der FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) aus dem Jahre 2012 * benötigt die weltweite Produktion von Nahrungsmitteln tierischer Herkunft 80% aller Agrarflächen, auf den verbleibenden 20 % wird pflanzliche Nahrung für den Menschen produziert. Sollte man meinen, ein großes Engagement! Wo ist der Wert an essbaren Kalorien, setzt man schon 80% der weltweiten Ressourcen dafür ein?
Die Beantwortung dieser Frage ist ernüchternd und schockierend zu gleich. Nach der aktuellen Statistik von National Geographics werden gerade mal 17 % der weltweiten menschlichen Nahrungskalorien durch Fleisch-, Eier- und Milch-Produkte gedeckt. Unter einer betriebswirtschaftlichen Berachtung würde man sowas als „Total-Fail“ bezeichnen. Die erstaunlich positive Seite daran: Mit gerade mal 20% Agrarflächen weltweit werden 83% der pflanzlichen Nahrungskalorien für die Weltbevölkerung schon bereitgestellt! Im Hinblick auf die Frage der Welternährung und vor dem Hintergrund des boomenden veganen Marktes ist das mehr als eine glückliche Aussicht für unseren Planeten. Ein Potenzial welches in Zukunft noch mehr genutzt werden kann. Aber um diesen Punkt geht es heute nicht. Was mich und andere Menschen auf diesem Globus aufreibt, ist die Frage der Nahrungs-Gerechtigkeit im Jahr 2020 und in den nächsten Dekaden.
* Die erwähnten Zahlen sind mittlerweile von der Website der FAO verschwunden, aber über das Web-Archiv (wayback machine) haben wir die Information nochmal abrufen können – Ein Screenshot davon, mit dem wir freilich gegen das Urheberrecht verstoßen, ist diesem Artikel zur Ansicht angehängt. Auch wenn die Politik die Zahlen verschleiern möchte – so einfach kommen sie nicht davon.
Landwirtschaftliche Ressourcen
Mehr als 80% der landwirtschaftlichen Ressourcen weltweit wird für die Fleischproduktion eingesetzt. Aber über 80% der menschlichen Nahrungsmittel werden auf 20% der verbleibenden Agrarflächen kultiviert. Wie ungebildet kann eine Zivilisation sein, wenn sie dann von Überbevölkerung, Nahrungsmittel-Knappheit und dem drohenden Ende spricht? Oder ist es das Mantra der sterbenden Industrienationen, die den Horizont ihrer Entwicklung nicht erkannt haben?
Wer isst also den Globus auf?
In Brasilien wird der Regenwald brandgerodet, um noch mehr Anbaufläche für Soja anzulegen, was schlussendlich in den Futtertrögen der Schweine und Rinder Europas landet. Die Küsten vor Afrika werden leer gefischt – subventioniert durch Steuergelder der EU. Und das afrikanische Land steht kurz vor dem Ausverkauf, da ausländische Investoren Flächen aufkaufen, sogenanntes Landgrabbing. In der Regel trifft dies die schwächsten Regionen Afrikas, welche mit Nahrungsknappheit kämpfen. Laut des Weltagrarberichtes aus dem Jahr 2018 wurden die in Afrika akquirierten Flächen lediglich zu 9% für die lokale Nahrungsversorgung genutzt, der Rest ging als Futtermittel und Bio-Sprit in den Export zurück in die Investoren-Länder. Und als ob das nicht schon zur Empörung reichen würde, landen die Reste unserer Wohlstands-Versorgung täglich auf dem Müll: Wie im grandiosen Dokumentarfilm „Taste the Waste“ dargestellt, würde allein die Menge der in Europa weggeworfenen Lebensmittel ausreichen den Hunger auf der Welt zweimal zu beenden. Der Status Quo in der Verteilung von Agrarprodukten weltweit ist ein himmelschreiendes Unrecht, denn die Industrienationen – das sind WIR – essen den Globus auf und lassen weniger als Krümel auf den Tellern der Nationen, die wir ausbeuten.
Wie ernähren wir uns dann in Zukunft?
Von den Lobby-Verbänden der Old-Agrar-Economy wird immer eingewandt, dass eine einseitige pflanzliche Ernährung schwere gesundheitliche Folgen hätte. Mal Hand aufs Herz: Wieviel Rohköstler oder Veganer kenen Sie denn, die an Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankung oder einer anderen Zivilisationskrankheit leiden? Und darüber hinaus von welcher naiven kolonialen Arroganz zeugt denn diese Ansicht, nur die westliche Ernährungsweise sei vollwertig und gesund? Hindus und Buddhisten welche einen großen Teil der Weltbevölkerung ausmachen, Indien und andere Nationen können über unser traditionelles Ernährungsmodell fröhlich lachen. Ganz im Gegenteil, die vorwiegend vegetarische ayurvedische Ernährung entlastet schon heute unser Gesundheitssystem nachweislich. Oder kennen Sie eine vom Arzt verschriebene „Wiener-Schnitzel-Diät“? Das Gegenteil ist der Fall, bei allen gängigen Zivilisationskrankheiten rät, vom Homöopathen bis zum Schulmediziner, jeder Arzt zur Reduktion tierischer Produkte.
Aber stellen Sie sich einfach mal vor, in welchem Licht das Thema Zivilisationskrankheiten in den Industrie-Nationen für den hungernden Menschen in Afrika erscheint! Können sie es ihm verübeln, wenn er es als ausgleichende Gerechtigkeit empfindet? In der Tat ich kann seine Einstellung aus vollem Herzen teilen.
Fazit
Die Zukunft wird sicher nicht darin bestehen, noch weitere Flächen des Regenwaldes für unsere Futtertröge zu roden. Vielmehr wird sie den Tod für die Old-Agrar-Economy bedeuten und die Geburt von neuen Modellen, gesellschaftlich, finanziel und ein bischen mehr vegan. Die heute noch zu beobachtende Polemik gegen Veganner/innen markiert nur den verzweifelten Versuch des alten Systems, jedoch die traumhaften Zuwachsraten bei allem was das attraktive „V“ trägt zeigen den Weg in die Zukunft.
Bleibt die Frage, ob das den ausgebeutenden Menschen in den Ländern auf deren Agrar- und Rohstoff-Rücken unser Wohlstand gewachsen ist als Aussicht schon reicht oder wird es endlich wahr, dass die Staaten über deutliche und finanzielle Reperationsleistungen verhandeln, denn die wären überfällig.
Von Albert Einstein kommen mir zu dem Thema zwei Zitate in den Sinn. Das erste bezieht sich auf eine bessere Zukunft: „Nichts wird die Gesundheit der Menschen und die Chance auf ein Überleben auf der Erde so steigern wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung.”
Das zweite beschreibt leider den aktuellen Zustand: “Es gibt nur zwei Dinge, die unendlich sein könnten, das Universum und die menschliche Dummheit, bei dem Ersten bin ich mir noch nicht ganz sicher.” Klingt beinahe fast ein wenig versöhnlich, bedauerlich ist nur, dass Agrarlobby und Fleischindustrie das auch wissen und schamlos für ihren Profit weiterhin ausnutzen oder sind sie wirklich so blöd? Nach Einstein läge das durchaus im Bereich des Möglichen.
Quellen:
FAO-Statistik
http://www.fao.org/animal-production/en/
Der Inhalt aus 2014 ist inzwischen gelöscht wurden, weil er nicht mehr in die amerikanische Politik passte. Meine Interpretation! – Jedoch nicht abwegig, denn binnen 6 Jahre werden sich die Fakten nicht in Luft aufgelöst haben. Interessant ist, dass diese Aussage im beginnenden US-Wahlkampf Anfang 2020 von der Seite verschwunden ist. Guess What?
Aber hier nun, was Lobbyisten verschweigen wollen:
“Vieh ist der weltweit größte Nutzer von Landressourcen. Weideland und Ackerland sind für die Produktion von Futtermitteln bestimmt und machen 80% aller landwirtschaftlichen Flächen aus.”
FAO 2014
Über die Wayback-Machine (Das Web-Archiv-Projekt {https://archive.org/web/}) haben wir diese Aussage aus 2014 für Sie zurückgeholt:
Dem gegenüber gestellt, was die Menschen unseres Planeten so essen:
National Geographic – What the world eats: