Zeit, dass sich was dreht
Unser wurstend Jahresrückblick 2024
Wir schauen hier mit unseren Followern gemeinsam auf unser ganz spezielles Jahr zurück. Puh, was für ein anstrengendes Jahr, dieses 2024! Von der Politik wollen wir erst gar nicht erst sprechen! Sondern über unsere wurstend-Aktionen in diesem – ja, man darf es sagen – verRückten Jahr. Vieles in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist im Vorgang des Verrückens – vergleichbar mit dem Verrücken von Möbeln. Er beschreibt auch sehr treffend die Verschiebung in unserer Wahrnehmung der Realität/en als: verrückt.
Wir haben uns im Angesicht des täglichen Medienspektakels nicht verrückt machen lassen. Wie schrieb es die kanadische Schriftsstellerin Margaret Atwood in diesem November nach der zweiten Wahl Trumps zum Präsidenten auf X: „Verzweiflung ist keine Option. Sie hilft niemandem. Trauer ist okay, Verzweifeln bedeutet: aufgeben.“ Nö, das kommt für uns keinesfalls in Frage! Ganz unserer Überzeugung folgend: Hoffnung durch Handeln waren wir mit Wurstendsehr aktiv in den Social Media, auf unserer Webseite und analog mitten im Leben.
Unser Redaktionsteam – für unterschiedliche Schwerpunkte unterwegs
Für Inklusion: Ein Herzensanliegen von Ulrike. Schließlich ist die inklusive Gesellschaft kein Luxusthema für „marginalisierte“ Randgruppen, sondern ein Menschenrecht! Das ist vielen nicht klar. Es kommt uns allen – vom Baby bis zum Senior, vom Handwerker bis zum Professor und allen drumherum – zugute. Sich für Inklusion einzusetzen, ist eigentlich Demokratiearbeit.
https://wurstend.net/magazin/gesellschaft/deutschland-dein-ehrenamt/.
Für crossmediale Klima-Kommunikation: Daniel, unser digitaler Housekeeper hat nicht nur zuverlässig die digitalen Ressourcen bereitgestellt. Zusammen mit Ulrike hat er die vielbeachtete Doku „Alles anders als geplant“ gedreht. Hier geht’s zum Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=Yv4bZI8LcDE. Der Plot: Die Hauptstadt-Reise von Erwachsenen mit Lernbehinderungen zu einem Inklusions-Interview mit ihrem Bundestagsabgeordneten. Was kam dabei raus? Wie der Titel sagt: Alles anders als geplant. Die wahren Helden – unsere Reisegruppe, die ent-täuscht ist, aber darauf reflektierter reagiert, als viele ihnen zutrauen.
Nach dieser „Ausladung“ ging‘s doku-filmisch weiter mit dem von Ulrike kuratierten interaktiven „Schubladenprojekt“ . Darin ging’s ums Aufräumen mit Vorurteilen und um Ent-Schubladisierung. Alles über neue Blickwinkel auf Inklusion und gesellschaftlichen Klimawandel.
Für aktive Klimapolitik:
Ghita ist tiefer in die Klimapolitik eingestiegen. Sie mischt erfolgreich im Mülheimer Klimabündnis mit und engagiert sich dort vor Ort, das Klimaschutzkonzept (endlich!) umzusetzen. Denn es gibt endlich – tadaaa – ein Bundesgesetz. https://wurstend.net/magazin/gesellschaft/das-bundes-klimaanpassung-sgesetz/
Wir waren unheimlich aktiv, auf Facebook/Instagram, auf unserer Webseite und analog. Aber, das was uns wirklich kontinuierlich durchs Jahr begleitet hat, waren unsere „Aktivisten“, die wir nach unserem sehr erfolgreichen Adventskalender 2023 fort geführt haben. Jede Woche haben wir eine Gruppe, einen Verein, eine Organisation oder ein Projekt gefeatued, das sich in irgendeiner Form für Fairänderung, Klimaschutz, Tierschutz usw einsetzt. Die 24 aus dem Vorjahr haben wir dabei nicht noch mal erwähnt, eigentlich schade, aber es gibt so viele gute Ansätze!
Unser gesamtes Aktivisten-Spektrum im Überblick
Rebellion
Außer Extinction Rebellion und den Fridays for Future gibt es weitere Gruppierungen, die gegen den fossilen Wahn und für Klimagerechtigkeit auf die Straße gehen. Drei besonders starke, die alle Gesellschaftsschichten ansprechen und sogar anstiften.
Tierschutz
Es kommt vielen so vor, dass Tierschutz der Auslöser Number One für alle Formen des Aktivismus ist. Tatsächlich: Auch im vergangenen Jahr ging Tierschutz – unter anderem mit dem Metzger gegen Tiermord – wieder mal durch die Decke.
Ernährung, Konsum und Landwirtschaft
Wie gesund leben wir eigentlich in dieser kranken Welt? Die Themen „Ernährung, Konsum und Landwirtschaft“ sind eng miteinander verwoben und betreffen uns alle tagtäglich persönlich. Dabei geht’s nicht nur darum, was wir essen. Auch ums Verbrauchen und Verschwenden, um Klamottenberge und krankmachende Arbeit. Hier können wir selbst viel zu unserem Wohlergehen beitragen.
Naturschutz
Eine der ältesten Formen des Aktivismus ist der für den Naturschutz. Er kommt in vielen Gewändern daher, in denen zum Teil hochprofessionell gearbeitet wird. NABU und Greenpeace sind dabei die Leuchttürme, die nahezu jeder kennt. Aber es gibt noch viiiel mehr. Schließlich gibt’s auch noch mehr zu tun.
Verkehr
Das leidige Thema: Wie komme ich von A nach B? Der Verkehrssektor ist der Bereich, in dem die Klimaziele am weitesten verfehlt werden. Gleichzeitig ist er der am emotionalsten umkämpft wird. Schließlich gelten wir als „Autoland“. Mit unseren Industrien und Autobahnen, auf denen es sich ungehemmt rasen lässt. Sollen in Kommunen Parkplätze für Autos wegfallen, wird ein Tempolimit diskutiert – dann kocht die Volksseele über. Gut, dass es Organisationen gibt, die bei Lichthupen und Drängeln einen kühlen Kopf bewahren.
Finanzen und Transparenz
Alles dreht sich ums Geld. Die einen haben zu viel, die anderen zu wenig. Dabei hat Geld eine große transformative Kraft. Wenn es richtig eingesetzt wird. Dafür macht sich die Finanzwende stark. Wir haben diesem so wichtigen Thema eine eigene Rubrik gewidmet. Einer der Knaller des Jahres war der Austritt der Juristin Anne Brorhilker als Oberstaatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Köln wegen ihrer Zweifel am politischen Willen zur Aufklärung von Steuerskandalen. Ihre Lebensthemen Cum-Ex und Cum-Cum nahm sie mit. Seit 2024 ist sie für die Bürgerbewegung Finanzwende als Vize-Geschäftsführerin tätig.
Lobby-Control verfolgt eine ähnliche Zielrichtung. Sie will aufdecken, wo Lobby-Interessen versuchen, Gesetze, Verfahren oder andere demokratische Entscheidungswege zu beeinflussen.
Demokratie
Wir erleben aktuell in allen Ländern dieser Erde, dass Populisten hohen Aufwind bekommen. In unsicheren Zeiten suchen viele Menschen nach Halt durch einfache Lösungen. Dabei stehen rechtsextreme Ideologien im Widerspruch zu den Grundprinzipien der Menschenrechte. Das bringt die Demokratie erheblich unter Druck. Daher sind Organisationen wichtiger denn je, um unsere offene Gesellschaft zu schützen und zu bewahren. Sie schaffen Räume für Engagement und stärken damit die Zivilgesellschaft als Ganzes.
ForFuture
Die ForFuture-Bewegung hat sich professionalisiert. Das ist auch gut so. Denn aus Schülerinnen werden Studentinnen und irgendwann erwachsene Profis. Diese Senior Profis haben schon jetzt einen erheblichen Einfluss auf die Politik. Offensichtlich fällt es Menschen im fortgeschrittenen Alter und mit unabhängigem Denken leichter, sich im guten Sinne zu „empören“. Wir erinnern nur an Stéphane Hessels Büchlein „Empört Euch“. Es traf den Nerv der Zeit, indem es Kritik am Finanzkapitalismus übte und zu friedlichem Widerstand gegen gesellschaftliche Missstände aufrief. Es inspirierte soziale Protestbewegungen in verschiedenen europäischen Ländern und inspirierte viele Menschen, aktiv zu werden und sich für Fairänderungen einzusetzen.
Unter Hashtags wie #graueenergie #klimaklagen oder #enkeltauglich verändern sie den Diskurs.
Frauen
Naja, es ist eine Binse: Frauen machen 50% der Weltbevölkerung aus. Die UN hat ihnen in ihren 17 Nachhaltigkeitszielen attestiert, dass sie der unverzichtbare Motor für Fairänderungen sind. TROTZDEM – der Kampf der Frauen für Selbstbestimmung ist noch lange nicht gewonnen. ALLERDINGS – im Jahr 2024 wurden ein paar weitere Meilensteine für die Selbstbestimmung erreicht. Zum Beispiel die Neudefinition der Opfer-Täter-Thematik bei sexueller Gewalt wie im Fall der couragierten Gisèle Pelicot in Frankreich; die Diskussion um eine grundlegende, fraktionsübergreifende Reform des § 218 hierzulande sowie die Sichtbarmachung weiblicher Identitäten. To be continued….
Ghita hat sich bereits als junge Frau für die Abschaffung des § 218 eingesetzt. Das Engagement der Gruppe Doctors For Choice liegt ihr dabei besonders am Herzen.
Besondere Tage
Zwei Tage haben wir speziell gefeatured. ERSTENS das Einläuten des Jahres des Drachen im chinesischen Horosokop. Dieser steht für Veränderung und Transformation. ZWEITENS den International Earth Day. Die Bewahung der Erde. Dieser Aktionstag wird seit 1970 in mittlerweile 175 Ländern weltweit alljährlich im April begangen. Er soll unser Bewusstsein für einen umweltschonenden, nachhaltigen Lebensstil schaffen und uns für seine Umweltprobleme sensibilisieren.
Digitales
Hand aufs Herz: Wir leben längst nicht mehr nur analog, sondern immer digitaler. Wäre das Internet ein Land, würde es mehr Energie als das Land Belgien verbrauchen. Das WWW ist ein weitgehend ungeregelter Bereich, in dem Überwachung, Tracking und Algorithmen ziemlich ungehindert ihr Un/wesen treiben können. Obacht: Big Brother.. . Es sei denn, man verfügt über entsprechende digitale Kompetenzen oder Neusprech: Digital Literacy.
Energie
Wir brauchen Energie und das möglichst klimaneutral. Überall. Jederzeit. Wichtig ist, dass wir verstehen, wie’s funktioniert und was es dazu braucht. Je fundierter, objektiver und in verständlicher Sprache darüber berichtet wird, desto besser.
Menschenrechte und Gerechtigkeit
Für Perspektiven zu einer gerechteren und friedlichen Welt haben wir sehr unterschiedliche Aktivistinnen gefunden. Zum Beispiel für Menschenrechte, Seenotrettung, gerechte Verteilung von Arzneimitteln… Ein weiterer juristischer Aspekt hat uns nachdenklich gestimmt: Kann die Natur eigentlich auch ihre Rechte einklagen? Was wie ein Paradox klingt, ist ein sich entwickelndes innovatives Rechtskonzept. Sie zielt darauf ab, den Schutz der Natur zu stärken und ihre Interessen in rechtlichen Prozessen zu vertreten. Indigene Völker werden in dieser Bewegung als Schlüsselakteure angesehen.
Medien
Mediale Kommunikation spielt eine wichtige Rolle beim Sichtbarmachen von alltäglichen oder außergewöhnlichen Ereignissen, Konflikten, Krisen oder Kriegen. Sowohl beim Vorstellen von Lösungen als auch beim Aufdecken von Missbrauch. Für unsere Serie haben wir als Beispiele Wikileaks und netzpolitik.org ausgewählt. Das passte aus aktuellem Anlass. Als Ulrike ihren Artikel über den australischen Whistleblower Julian Assange schrieb, kam dieser auch endlich nach 13 Jahren Haft-Odyssee unter hohen Auflagen in Freiheit. Auf wikileaks wurden die Kriegsverbrechen der USA im Iran veröffentlicht. Wie man die vierte Gewalt mundtot machen kann, zeigt der Fall Assange https://wurstend.net/magazin/aktuell/der-fall-assange/ am deutlichsten.
Ethisches Handeln
Das Wichtigste, weil auch das Schwierigste, kommt zum Schluss: Wir müssen unser Handeln mehr unter ethische Gesichtspunkte stellen. Das heißt, unsere homozentrierte Sichtweise auf unsere Umwelt und unseren Planeten aufgeben, Ausbeutung sein lassen und der Natur von Flora und Fauna ihren Raum und Respekt geben, der ihnen zusteht. Wie wär’s? Wir könnten damit direkt ins neue Jahr starten.
Und was kommt 2025?
Die Qualen der Wahlen
Es steht viel an: Die vorgezogene Bundestagswahl im Februar. Kommunalwahlen in NRW im September. Kurz, es werden sicherlich wieder viele bunte Wahlversprechen abgegeben. Meisten sind es Nebelkerzen. Insgesamt hat die Politik immer noch nicht die notwendige Ernsthaftigkeit entwickelt, um der Klimakrise mit effektiven Lösungen entgegenzutreten. Gut, wenn sich junge Aktivistinnen trauen, Worthülsen zu entlarven. Wie neulich beim dummen Spruch zum Verbrenner-Aus von Jens Spahn. [Louisa Neubauer auf Instagram]
Obwohl die meisten bekannten Klimaaktivisten jünger sind, gibt es selbstverständlich auch Vertreter aus den älteren Semestern: wie Dagmar Reemtsma, die Großmutter von Lusia Neubauer; ältere Aktivisten, die sich zusammen mit der „Letzten Generation“ angeklebt haben sowie Unterstützer aus Wissenschaft und Kultur. Sie sind weniger medienpräsent, spielen aber ebenfalls wichtige Rollen, indem sie Erfahrung und Glaubwürdigkeit einbringen. Aktivismus kennt keine Altersgrenzen. Seid mutig.
Wirtschaft im Dornröschenschlaf
Gleichzeitig lahmt die Wirtschaft. In den vergangenen 20 Jahren wurden die notwendigen Transformationen regelrecht „verschlafen“ oder „ausgesessen“. Jetzt BürgergeldempfängerInnen und MigrantInnen dafür verantwortlich zu machen, ist nicht nur dumm, sondern brandgefährlich. Pardauz – schon sind wir auch beim Populismus angekommen. Der boomt immer dann, wenn die Zukunft unsicher ist. Die wird sich nicht so schnell ändern. Fairänderungen brauchen Willen, Entschlossenheit, Zuversicht und auch – Geld. Von letzterem ist genug da. Immerhin nimmt die Anzahl der Superreichen weltweit zu. Eine Vermögenssteuer wäre im Hinblick auf die Herausforderungen sinnvoll. Steuerhinterziehung effektiver zu bekämpfen wäre wichtiger als Schwarzfahrer in den Öffis zu belangen.
In der Klimakrise müssen alle ran
Eine ganz wichtige Forderung der UN im Kampf gegen den Klimawandel ist, alle gesellschaftlichen Schichten mitzunehmen. Also wirklich ALLE. Unabhängig von Geschlecht, National- und Religionszugehörigkeit sowie Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen. Ja, und auch die, die Verschwörungstheorien anhängen oder im rechten Spektrum wirken. Dies gehört dazu, um die demokratische Resilienz zu stärken: Eine Demokratie, die auch mit kontroversen Ansichten umgehen kann, wird insgesamt widerstandsfähiger. Allerdings muss diese Einbindung mit klaren Grenzen erfolgen: Gewaltaufrufe, Hetze oder die Verletzung demokratischer Grundwerte dürfen nicht toleriert werden. Es geht vielmehr darum, einen Raum für konstruktiven Dialog zu schaffen und gleichzeitig die Grundprinzipien der Demokratie zu schützen.
Der Mars ist nicht die Lösung
Die Herausforderungen der Zukunft werden uns alle betreffen. Eine Flucht zum Mars wird allenfalls Elon Musk gelingen. Wenn schon. Manche wird ihn dorthin in die Unwirtlichkeit für den menschlichen Organismus aufgrund seiner aktuellen Einmischungen auch in den deutschen Wahlkampf wünschen.
Die Fokussierung auf den Schutz und die Erhaltung der Erde bleibt bisher die sinnvollste Strategie für das Überleben der Menschheit. Erste Lösungen gibt es zur Genüge. Zu tun auch. Jetzt heißt’s einfach: aufraffen und anfangen.
In diesem Sinne: Happy New Year!
Bleibt uns treu. Eine bessere Welt gibt’s nur gemeinsam.