Wasser – Wie die industrielle Massentierhaltung unser Trinkwasser verteuert
Alle kriegen Schnappatmung, wenn an der Tankstelle der Benzinpreis steigt. Aber bei unserm wichtigsten Lebensmittel – dem Wasser – nehmen wir das offenbar gar nicht wahr. Dabei ist in den vergangenen Jahren der Preis für Wasser stärker gestiegen als für andere Mittel des täglichen Bedarfs.
In Deutschland zahlte 2019 ein durchschnittlicher Haushalt etwa 241 € / m3. Ein Kubikmeter Wasser sind 1000 Liter; damit ist der Preis für Trinkwasser natürlich noch viel günstiger als Benzin, aber auf Wasser können wir nicht verzichten.
Trinkwasserversorgung der Bevölkerung
Deutschland ist ein Wasser reiches Land. Durch genügend Niederschläge werden Grundwasser und Oberflächenwasser sicher aufgefüllt. Zumindest bisher. In den vergangenen Dürresommern war es mir dagegen unheimlich, wie häufig dieses in den Medien betont wurde.
Zuständig für die Wasserversorgung der Bevölkerung sind die Kommunen und die stätischen Wasserwerke. Sie gewinnen das Wasser aus verschiedenen Quellen, überwiegend jedoch aus Grundwasser oder Oberflächenwasser. Ist es letzteres, muß es in einem aufwändigen Prozeß aufbereitet werden. Siehe folgendes Video und hier.
Die Qualität des Trinkwassers wird von den Wasserwerken kontinuierlich überprüft und dann zusätzlich vom Gesundheitsamt. Leitungswasser gilt als das sauberste Lebensmittel ever. Und, wenn ich etwas für den Klimaschutz tun will, lasse ich die Wasserflaschen im Supermarkt stehen und verwende das Wasser aus der Leitung.
Natürlich ist so etwas in Deutschland gesetzlich geregelt. Die Trinkwasserverordnung regelt in der Anlage 2 die Nitrat und Nitritkonzentrationen von Trinkwasser.
Aber ist es wirklich sooo gut? Denn faktisch kann ich meinen Wasserversorger nicht wechseln, wenn was nicht stimmt.
Wasser wird teuer
Unser Trinkwasser wird immer teurer. Das ist nicht verwunderlich, denn immer mehr Trinkwasser wird nicht aus Grundwasser gewonnen, sondern aus Uferfiltraten und wieder aufgearbeitetem Wasser. Das ist teuer und den Mehrpreis bezahlen wir Verbraucherinnen. Dabei ist eine wichtige Verunreinigung des Grundwassers das Nitrat, welches durch die Landwirtschaft eingetragen wird.
Erhöhte Nitratwerte – nicht so schlimm?
Nitrat, die Verbindung von Stickstoff und Sauerstoff, NO3– kommt als Anion in vielen Verbindungen vor. Natürlicherweise entsteht Nitrat aus dem Stickstoff in der Luft (Stickstoffkreislauf), werden jedoch die Äcker gedüngt erhöht sich dieser Wert dramatisch. Allerdings steht Nitrat im Verdacht, im biologischen Abbau in unserem Körper zu Nitrosaminen umgewandelt zu werden und ist dann Krebs erregend.
Ganz abgesehen davon, dass zu hohe Salzkonzentrationen schädlich für die Nieren sind. In unserem Trinkwasser also wollen wir so wenig wie möglich davon haben (Trinkwasserverordnung). Gerade auch, wenn damit Babynahrung zubereitet werden soll.
Das Umweltbundesamt veröffentlichte 2017 eine Karte, in denen die mit Nitrat belasteten Gebiete rot gekennzeichnet sind. Also alle Grundwasserreservoire, die genutzt werden können. Dabei unterscheidet man das Nitratmessnetz und Wasserrahmenrichtlinienmessnetz. Ersteres beobachtet belastete Bereiche, letzteres alle Reservoire bundesweit. Nach der Veröffentlichung erfolgte ein kollektiver Aufschrei der Bauernverbände und steht damit exemplarisch dafür, wie versucht wird, den schwarzen Peter weiter zu geben.
Interessant ist daher, wie systematisch verharmlost werden soll, was Nitrat tatsächlich anrichtet. So fand ich einen Leserbrief von Georg Keckl, den dieser auf seiner Webseite allen zugänglich macht. Er ranzt darin im besten Stil die Journalisten an, die seiner Meinung nichts kapiert haben und versucht, alle Aussagen des Zeit Artikels zu zerreden. Das war 2014. Grundtenor ist, man wolle den Bauern was „beipulen“ und manipuliere die Nitratwerte bzw. die Messungen.
Nitrat nicht so schlimm? Aber nun Leute, wenn alles nicht so schlimm ist, die Landwirtschaft auch nicht „Schuld“ wieso schlagen dann die Wasserwerke Alarm? Wie dieses Jahr in Bayern.
Die EU und ihre Rügen prallen ab
Eigentlich ist es ja nichts Neues. Deutschland setzt EU-Verordnungen um, wie z.B. im Dezember 1991, EU Richtlinie 91/676/EWG mit dem Grenzwert 50mg Nitrat / l Wasser, der so auch in der Trinkwasserverordnung abgebildet ist. Und hält sich danach nicht mehr daran. Naja, zunächst schien es tatsächlich so, dass die Grenzwerte weitestgehend eingehalten worden sind. Aber irgendwann liefen sie dann aus dem Ruder. Es folgten dann Ermahnungen der EU Kommission, die ausgesessen wurden und dann kam‘s halt dicke: Am 28.4.2016 verklagte die EU Kommission DE vor den EuGH auf Einhaltung der Nitrat-Grenzwerte.
Aber es ist erst mal nichts passiert. Daher mahnte die EU Kommission 2019 erneut an, die Ntratrichtlinie umzusetzen.
Reflexartig reagierte die Politik, genauso reflexartig reagierten die Bauern und fühlten sich über den Tisch gezogen. In unserem Interview mit Bauer Willi kam das deutlich raus. Zunächst wird den Medien Inkompetenz vorgeworfen, dann der Gesetzgeber kritisiert, der „falsch“ mißt und dann mit Gesetzten wie mit Kanonen auf Spatzen schießt.
Die Datenlage zu Nitrat ist eindeutig, aus meiner Sicht also die Abwehrhaltung der Bauern unverständlich. Das Resultat der reflexartigen Hyperaktivität ist die Aktualisierung der Düngemittelverordnung, kurz Düngeverordnung.
Düngeverordnung: Mit Kanonen auf Spatzen geschossen?
Mein Fazit in der gesamten Trinkwasserangelegenheit ist folgendes.
- Die EU hat die Relevanz erkannt und macht sich stark für den Schutz der Gewässer, das schließt alle ein: Oberflächenwasser und Grundwasser
- „Die Bauern“ fühlen sich sofort in die Ecke gedrängt und die Diskussionen verhärten
- Die deutsche Politik hat den Schutz der Umwelt (bisher) überhaupt nicht auf dem Schirm
- Besonders das Landwirtschaftsministerium wird nach wie vor stark durch Lobby Interessen geleitet
- Nitrat ist nur die Spitze des Eisbergs, denn andere, toxische Substanzen geraten ebenfalls in die Gewässer- Hier möchte ich nur an die Neonicotinoide erinnern, die in der Zuckerrüben-Produktion eingesetzt werden und jedes Jahr eine Notfallzulassung erhalten.
Weiterhin haben wir echt keinen Plan, wie die Grundwasserreservoire miteinander „kommunizieren“, sowohl in der der Fläche als auch in der Tiefe - Wasserwerke sind ein wichtiges Warnsystem bei Verunreinigungen unseres Trinkwassers, allerdings ist auch hier das Vermeiden die bessere Strategie
- Eine Verteuerung und auch Verknappung des Trinkwassers ist wahrscheinlich
Ein umfassender Schutz unserer Gewässer ist eine überlebenswichtige Maßnahme, die nicht kurzfristigen kommerziellen Interessen geopfert werden darf!
Weiterführende links:
https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Binnengewaesser/faq_duev_bf.pdf
EU-Rüge: https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/landwirtschaft-eu-verliert-geduld-mit-deutschland-zweite-klage-wegen-nitratbelastung-steht-bevor/24694204.html?ticket=ST-2030307-EGM6ns1xYUuH0xrle1e3-cas01.example.org
https://www.sueddeutsche.de/politik/nitrat-eu-ruege-deutschland-1.5345405
Nitrat im Trinkwasser: https://www.quarks.de/umwelt/landwirtschaft/das-passiert-wenn-zu-viel-nitrat-in-die-umwelt-kommt/