Wasserknappheit: Vegane Ernährung ist schlimm!
In den Agrar-Medien haben die RedakteurInnen mal wieder die Messer gewetzt. Die Aufmerksamkeitsökonomie fordert ihre Opfer. Einmal mehr sollen die VeganerInnen dran glauben. Dafür ziehen sie eine Studie des WWF heran, um darzustellen wie schlimm Veganismus wirklich ist. Unsere Ernährung ist nun mal schädlich für den Planeten. Und aus Sicht der Agrar-Medien, die Rind und Schwein in ihrem Internetauftritt in der Befehlszeile haben, die vegane ganz besonders. Auftrieb erhält diese Ansicht durch Top-Agrar RedakteuerInnen, die gerne Schlagzeilen anderer hochjuxen. Hier bedienen sie sich des Ernährungsexperten Malte Rubach, der im Bereich der Kaffeeforschung promoviert hat. Der will Fleisch auf den Teller!
WWF Studie zur Wasserknappheit
Der WWF betrachtet in verschiedenen Studien, wie wir mit unserer Ernährung zu ökologischen Problemen beitragen. Die fragliche ist aus dem August 2021 und heißt „Wasserverbrauch und Wasserknappheit“. Im Wesentlichen geht es darum, wieviel Wasser das in Deutschland konsumierte Gemüse und Obst (ver)braucht. Und hier sollten wir genauer hinschauen. Nicht das hier angebaute Obst und Gemüse, sondern das hier konsumierte! Das ist wichtig, denn der WWF hält fest, dass viel davon aus Gebieten mit drohender Wasserknappheit kommt. Das sind zum Beispiel Spanien, Griechenland, Italien oder Californien. Natürlich kann man das jetzt so darstellen, als ob es wieder die VeganerInnen sind, die einen an der Marmel haben und durch einen erhöhten Konsum von Mandelmilch und Nüssen jetzt dafür sorgen, dass wir die klimatischen Kipppunkte schneller erreichen.
Ist leider nicht so.
Deutschland Dein Konsum!
Es wird wahrscheinlich kein Fleischesser abstreiten, dass zum Steak Gemüse gehört, auch abends mal Nüsse gesnackt und Zitrusfrüchte nicht nur im Winter gegessen werden. Dann betrachten wir doch mal die Top-3 Produkte mit dem größten Wasserknappheits Index: Zitrusfrüchte, Reis und Mandeln. Chacka! Will vielleicht jemand was zu China sagen?
Die Grafik des WWF (Abb.1) ist deswegen etwas irreführend, weil sie sich erst mal an den Empfehlungen der EAT-Lancet Kommission orientiert. Diese empfehlen eine „planetary health diet“ und damit eine Ernährung, in der Obst und Gemüse 50% ausmachen (Abb.2). Und zweitens der WWF unser derzeitiges Konsumverhalten zu Grunde legt, also den Import vieler Lebensmittel aus wasserarmen Gebieten. Sic! Wenn man das also alles außer acht läßt, kann man schon eine Schlagzeile draus stricken.
Halten wir bitte fest: Das Problem sind also nicht die VeganerInnen, sondern, dass wir – wir alle – so viel Gemüse importieren. Und eigentlich müßte Top-Agrar doch laut in die Hände klatschen und rufen: Hurra! Endlich gibt es mal belastbare Daten, warum in Deutschland mehr Obst und Gemüse angebaut werden sollte! Und die Landwirte? Sollten die nicht auch froh sein, wenn heimische Zucchini, Erdbeeren und Zwiebeln nachgefragt werden? Sind sie nicht, weil, wie uns Bauer Willi auch berichtete, sie dafür zu wenig Geld bekommen. Also? Baut man lieber weiter Raps und Zuckerrüben an. Dafür gibt es nämlich mehr Knete. Top-Agrar wir haben ein Problem.
Auch Fleisch braucht Wasser
Auch sollte man den Bericht des WWF zu Ende lesen (oder bis zum Ende durchblättern), denn sie nehmen auch den Wasserverbrauch der Fleischindustrie kritisch unter die Lupe. Zwar ist der Wasserknappheits-Abdruck bei tierischen Lebensmitteln nicht so groß wie bei Gemüse. Er liegt aber nur deswegen niedriger, weil die verfütterten Produkte: Weizen, Soja, Raps, Gerste (derzeit) nicht bewässert werden müssen. Wird aber überwiegend Mais verfüttert, wendet sich das Bild, da Mais schwerpunktmäßig aus der Ukraine und Frankreich kommt und dort Wasserknappheitsrisiken bestehen. – Vom Krieg hat letztes Jahr noch keiner gesprochen.
Doch Wasserknappheit alleine zu betrachten ist im wahrsten Sinne des Wortes kurzsichtig, denn die gravierenden Einflüsse habend die Emissionen, der Flächenverbrauch und die Zerstörung der Regenwälder.
Handlungsbedarf und Lösungsmöglichkeiten
Mir gefällt an der Publikation des WWF die gute Aufbereitung der Daten und die klare Struktur. Mir erschließt sich nicht, wie man da – weder der promovierte Herr Rubach, noch Top Agrar – auf ein Bashing der VeganerInnen kommen kann. Denn mit unseren Konsumgewohnheiten (und zwar von uns allen, nicht nur einer kleinen Minderheit) verlagern wir die Wasserknappheitsrisiken überwiegend nach Spanien. Und dabei sind die Zitrusfrüchte tatsächlich die Produkte, die nicht nur signifikant, sondern überdurchschnittlich hoch zur Wasserknappheit beitragen. Wieso spricht also niemand über Zitronen?
Der WWF fordert grundsätzlich eine Ernährungsstrategie innerhalb planetarer Belastungsgrenzen, die die Wasserrisiken mitberücksichtigen. Damit ist diese Veröffentlichung eine in der Reihe vieler, die die Ernährungsgewohnheiten von uns Deutschen kritisch unter die Lupe nehmen. Der WWF hat die Emissionen von Treibhausgasen betrachtet, den Flächenverbrauch und die Wasserknappheit Sie formulieren konkrete Forderungen an die Politik, an die Wirtschaft und geben Empfehlungen für uns VerbraucherInnen. Top-Agrar: so geht Lösungsorientiert!
Wer es mehrdimensional aufbereitet haben möchte? Dafür hat die Zeit im Juni eine schöne Grafik veröffentlicht. Und nicht nur das. An ausgewählten Beispielen vergleichen sie nicht nur CO2 und Wasser (Kuhmilch schlecht, Mandelmilch auch), sondern auch den Anteil des Transports (Äpfel aus Neuseeland schlecht, aus Spanien auch) und wie die Verarbeitung von Lebensmitteln zu Buche schlägt (Kartoffeln gut, TK Pommes super schlecht).